Geschichte der Medizinischen Gesellschaft
von Gerta Walsh, Heinrich Schimpke und Christoph Zekorn
Das für die heutige Kur- und Kongressstadt Bad Homburg vor der Höhe bedeutende Jahr 1834 brachte die Wieder-Entdeckung ihrer berühmtesten Quelle, der Elisabethenquelle, durch den Badearzt und Medizinalrat Dr. Christian Eduard Trapp ( 1804 – 1854 ).
1858 ließ sich ein Arzt in Homburg nieder, der sich teils beratend, teil gegen die hier den Ton angebende Spielbank ankämpfend, für die medizinische Entwicklung des Ortes einsetzte: Dr. Wilhelm Eduard Deetz ( 1827 – 1899 ). Zu seinen Vorschlägen gehörte die wissenschaftliche Überwachung des Badebetriebes sowie die Schaffung eines Archivs für die gesamten medizinischen, historischen und geologischen Schriften der kleinen Stadt einschließlich der Bohrprofile aller bekannten und angewandten Heilquellen des Ortes.
Im Jahre 1867, als Homburg bei 8 000 Einwohnern 18 000 Kurgäste und 13 hier praktizierende Ärzte zählte, kam es zur Gründung eines „Medizinischen Kränzchens“. Wer dafür verantwortlich war, lässt sich nicht mehr mit Bestimmtheit sagen, doch ist anzunehmen, dass Dr. Deetz dabei die treibende Kraft war. Die Bezeichnung „Kränzchen“ verwies in der damaligen Zeit auf Veranstaltungen des Bildung-Bürgertums informatorischen Charakters. Das „Medizinische Kränzchen“ nannte sich ab 1872 „Medizinische Gesellschaft“ und hielt in den 1874 gedruckten Statuten fest, in welcher Weise diese Gesellschaft geführt wurde. Ärzte und Apotheker der Stadt konnten stimmfähige Mitglieder werden; die Sitzungen begannen regelmäßig am 1. und 3. Donnerstag des Monats um 20 Uhr 30; der Jahresbeitrag betrug 5 Mark.
In der 1919 gedruckten Satzung verweist der erste Paragraph auf die Zielsetzung der Gesellschaft. Hier heißt es: „Die Medizinische Gesellschaft Bad Homburg vor der Höhe hat den Zweck, das collegiale Zusammenleben der Ärzteschaft durch gegenseitige Anregung und Belehrung auf allen Gebieten der medizinischen Wissenschaft und der öffentlichen Gesundheitspflege zu fördern und zu allen ärztlichen und hygienischen Angelegenheiten der Stadt und des Kreises Stellung zu nehmen.“
Zu dieser Zeit konnte man auf die Erfüllung verschiedener Vorschläge und Erfolge zurückblicken. So war 1872 im Kurpark hinter der heutigen Spielbank ein Badehaus, das „Parkbad“, mit 12 Badezellen eingerichtet worden und es entstand 1885 der Plan zum Kaiser-Wilhelm-Bad. Gemeinsam mit der Kommission zur Förderung des städtischen Badewesens hatte die Medizinische Gesellschaft die Baupläne des Homburger Baumeisters Louis Jacobi geprüft, die anschließend zwecks Erteilung der Baugenehmigung der königlichen Regierung in Wiesbaden vorgelegt wurden. Bei der Feier der Grundsteinlegung von 1887 hatten die Mitglieder der Gesellschaft die Ehre, Hammerschläge auf den Grundstein zu tun. Nach 20 Jahre dauernden Bemühungen der Ärzteschaft nahm die Stadt Homburg 1899 den Schlachthof in der Urseler Straße in Betrieb und verbesserte damit die hygienischen Verhältnisse der Innenstadt.
Die bald weit über die Kurstadt hinaus bekannte „Homburger Diät“, die wenig Fleisch, Mehl und Zucker, dafür Milch, Eier, gedünstetes Gemüse und Obst sowie an Getränken Wasser, Mineralwasser, herben Weiß- und Rotwein und Champagner vorschlug, war 1904 das Vortragsthema eines Mitglieds der Gesellschaft. 1906 erfuhren die Teilnehmer des 27. Balneologischen-Kongresses in Dresden von dieser Homburger Diät.
Gleich nach dem ersten Weltkrieg trafen sich die Mitglieder am ersten Mittwoch des Monats und konnten andere Ärzte als Gäste einführen. Neu war im Vergleich zur früheren Satzung die Aufnahme weiblicher Ärzte ( man sprach aber noch nicht von „Ärztinnen!“ ), doch die Abgrenzung gegenüber Naturärzten und Homöopathen war ausdrücklich vermerkt. Damals gab es sogar eine Bibliothek der Gesellschaft, die von einem ständigen Bibliothekar betreut und verwaltet wurde. Solch eine Einrichtung setzte einen festen Versammlungsraum voraus, doch seine Anschrift ist leider nicht bekannt.
In den zwanziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts wurden in der Veröffentlichung der Medizinischen Gesellschaft Themen angesprochen, die Bad Homburger Heilfaktoren in den Mittelpunkt stellten. Dabei ging es um die Behandlung von Herz- und Gefäßerkrankungen, Erkrankungen der Gallenblase, von Magen und Darm, Gicht, Fettsucht und Diabetes.
Im Jahre 1933 musste die Medizinische Gesellschaft ihren Namen in „Badeärztevereinigung“ ändern und die jüdischen Kollegen ausschließen. Nach dem zweiten Weltkrieg ließ man den alten, historischen Namen wieder aufleben und setzte den neuen an die zweite Stelle. Da das klassische Kurwesen in der heutigen Zeit eine immer geringere Rolle im Homburger Leben spielt, hat man sich im Jahr 2014 entschlossen, wieder den ursprünglichen Namen zu verwenden.
Heute zählt die „Medizinische Gesellschaft Bad Homburg v.d.H. e.V.“ ca. 180 Mitglieder, die sich zwecks gemeinsamer Fortbildung regelmäßig in der Englischen Kirche treffen. Sie ist eine Gemeinschaft fortbildungsaktiver Ärzte und Apotheker, 2/3 Ärzte und 1/3 Apotheker, die sich 5 x jährlich zu Fortbildungen treffen. Die meisten sind im Hochtaunuskreis niedergelassen, einige sind in den umliegenden Kliniken oder der Universität Frankfurt in der Krankenhausversorgung oder Forschung tätig.
Die Fortbildungen sind typischerweise mit 4 Punkten von der Landesärzte- und Landesapothekerkammer zertifiziert, beginnen um 19 Uhr 30 s.t. und enden gegen 22 Uhr. Nach dem wissenschaftlichen Teil gibt es die Möglichkeit für Mitglieder und Gäste, sich persönlich zu begegnen, kennen und schätzen zu lernen. Fast alle Fachrichtungen sind vertreten, Pharmazeuten begegnen Ärzten, Kollegen aus der Apotheke Forschern und Klinikern.